Papier & Druck – Nachhaltige Wege für Unternehmen

01.12.2025
News

Wie wird aus einem guten Printprodukt ein nachhaltiges? In unserem Webseminar haben Birgit Tappe (Key-Account-Managerin bei Berberich Papier), Hermann Radeloff, Julia Krämer und Sebastian Olényi praxisnah gezeigt, wie Design, Papierwahl, Druck, Veredelung und Regulierung zusammenspielen. Hier sind die wichtigsten Learnings – kompakt, umsetzbar und ohne Greenwashing.

1) Nachhaltige Gestaltung beginnt im Layout

In der Gestaltung wirken sich Detailentscheidungen auf Ressourceneinsatz, Abfall und Recyclingfähigkeit aus.

Verschiedene Hebel können hier auf unserem Weg zu einem nachhaltigen Druckprodukt genutzt werden: 

  • Druckbogen optimal ausnutzen: Eine frühe Abstimmung mit der Druckerei lohnt sich, da sich die Bogenformate unterscheiden können. Das Ziel sollte sein, möglichst wenig Makulatur (Papierabfälle) zu produzieren.
  • Anschnitt vermeiden, wo möglich: Weiße Ränder sparen Farbe – und erleichtern das spätere Deinking beim Recycling.
  • Farbflächen überdenken: Sparsamer Farbeinsatz erleichtert das Recycling. 
  • Papierstärken sinnvoll kombinieren: Wird für den Umschlag eine höhere Grammatur genutzt, lässt sich möglicherweise im Innenteil sparen.
  • Schriftschnitt bewusst wählen: Leichte Schnitte verbrauchen weniger Farbe.
  • Makulatur kreativ nutzen: Lesezeichen und Beileger statt Tonne.

2) Recyclingpapier: Mythen und Fakten

Mythos 1: „Recyclingpapier ist grau und hässlich.“

Fakten: Moderne Qualitäten sind in Haptik und Weißgraden kaum von Frischfaserpapieren zu unterscheiden.

Mythos 2: „Recyclingpapier schont die Umwelt nicht wirklich.“

Fakten: Recyclingwerke arbeiten im Kreislauf, wodurch sich eine hohe Wasser- und Energieeinsparung erreichen lässt.

Mythos 3: „Recyclingpapier ist teurer und weniger oft recycelbar.“

Fakten: Gesamtwirtschaftlich ist Recycling kosteneffizient, weil energie- und prozessintensiver Zellstoffeinsatz entfällt. Höhere Preise beim Recyclingpapier hängen stark von der Nachfrage ab, die aktuell noch deutlich zu niedrig ist, im Vergleich zu Frischfaserpapieren. Technisch bleibt Papier beim Recycling mehrfach im Kreislauf – lange Faseranteile (auch durch geringe Frischfaserzugaben) sichern die Stabilität.

Label, die Orientierung bieten:

  • Blauer Engel UZ 14a (Papier)
  • Blauer Engel UZ 195 (Produkt)
  • EMAS-Umweltmanagementsystem (Druckerei)
  • Cradle-to-Cradle Certified™ Bronze (Druckerei)
  • ISO 14001 ­Umweltmanagment-Systemnorm (Druckerei)
  • ISO 50001 Energiemanagement-Norm (Druckerei)
  • Österreichisches Umweltzeichen
  • EU-Ecolabel (Papier)
  • FSC (Papier)
  • PEFC (Papier)
  • TCF/ECF (Papier)

Alternativen wie Gras, Hanf, Baumwolle & Co. sind ergänzend sinnvoll – aber nicht automatisch „Recycling“. Einsatzgebiet, Mix und Drucktauglichkeit sollten hier geprüft werden.

3) Druckverfahren und Farben: Wo die echten Unterschiede liegen

Offsetdruck

  • Stärken: gleichmäßige Qualität, große Auflagen, viele Stellschrauben (prozesslose Platten, alkoholreduzierte/-freie Produktion).
  • Wirtschaftlich ab ca. 1.000 bis 2.000 Exemplaren (Richtwert).

Digitaldruck

  • Stärken: auch in kleinerer Menge herstellbar, passgenaue Mengen und Personalisierung möglich.
  • Wichtig dabei: Der Toner-/Tintentyp beeinflusst Deinkbarkeit (Inkjet- und UV-Systeme sollten nach Möglichkeit vermieden werden).

Druckfarben

  • Bindemittel: konventionelles Mineralöl vs. pflanzliche Öle. Pflanzliche Alternativen sind in der Regel besser. Auch hier sollte man auf Herkunft und Anbau achten.
  • Pigmente: Auch Pigmente werden synthetisch hergestellt. Echte „Bio“-Pigmente gibt es nur für Nischenprodukte.
  • Deinkbarkeit: Offsetfarben und trockene Toner lassen sich in der Regel gut deinken; UV-härtende Farben, Flüssigtoner und bestimmte Inkjet-Tinten können problematisch sein.

Lichtblicke und Experimente

  • Mineralölfreie Farbsysteme und Risografie.

Die frühzeitige Abstimmung von Agentur, Druckerei, Buchbinderei, Papierhandel und Fulfillment spart Ressourcen, Geld und Nerven.

4) Veredelung: Wann sie sinnvoll ist – und wann nicht

Für das Recycling unproblematische Verfahren:

  • Alle mechanischen Verfahren: Prägen, Stanzen, Bohren, Schneiden.
  • Laserstanzung und -gravur: Durch den Einsatz von Lasern entsteht ein höherer Energiebedarf.
  • Farbschnitt: Unproblematisch, wenn deinkbare Farben eingesetzt werden.

Kategorie: Es kommt darauf an:

  • Dispersionslack: Wasserbasierter Lack, der Schutz vor Abrieb bietet – Einzelfallprüfung notwendig. Im Zusammenspiel mit bestimmten Farben kann die Deinkbarkeit leiden (Orientierung am Blauen Engel empfohlen).
  • Folienkaschierung/Cellophanierung: Wenn Kaschierungen eingesetzt werden, dann bestenfalls einseitig und nur bei langlebigen und/oder stark beanspruchten Produkten, wie Speisekarten oder Kinderbüchern.

Besser vermeiden:

  • UV-Lacke / UV-härtende Systeme: UV-Lacke sind nicht deinkbar, Papierprodukte mit UV-Lack können also nicht recycelt werden. Dazu benötigen UV-Lacke einen hohen Energieeinsatz. Geraten sie ins Altpapier, können ganze Recycling-Chargen beeinträchtigt werden.

Praxisregel: Kurzlebige Produkte (Flyer, Postkarten, etc.) sollten immer ohne Veredelung produziert werden.

5) Logistik und Verpackung 

  • Nach Möglichkeit regional produzieren. Speditionswege und Havarierisiken mitdenken.
  • Materialwahl beim Versand: Papierzwischenlagen bevorzugen; Folien (mit Rezyklatanteil) sollten nur genutzt werden, wenn es der Produktschutz zwingend erfordert.
  • Kreislaufsysteme prüfen: Können Europaletten, Gitterboxen, Mehrwegbehälter eingesetzt werden?

6) Recht: EU-Entwaldungsverordnung (EUDR)

Ziel der EUDR ist, dass holz- und papierbasierte Produkte entwaldungsfrei sind und rückverfolgbar bleiben. 100 %ige Recyclingpapiere sind von der Verordnung nicht betroffen – sobald Frischfaser ins Spiel kommt, greifen Sorgfaltspflichten in der Lieferkette.

Für die Praxis:

  • Rechnungen und Nachweise prüfen und Due-Diligence-Nummern dokumentieren.
  • Wer erstmals ein Produkt auf den EU-Markt bringt (z. B. Importeur, Ersterbringer), hat die größten Pflichten.
  • Kleinere Betriebe haben vereinfachte, aber bestehende Pflichten – also sauber dokumentieren!

7) Checkliste: In 10 Schritten zu einem nachhaltigeren Printprodukt

  1. Zweck und Lebensdauer definieren.
  2. Frühzeitige Abstimmung mit Druckerei/Buchbinderei/Papierhandel.
  3. Recyclingpapier mit starkem Label (z. B. Blauer Engel) bevorzugen.
  4. Ressourcenschonendes Grafikdesign: Anschnitt vermeiden, keine Angst vor Weißraum.
  5. Farbe reduzieren und deinkbare Systeme wählen.
  6. Veredelung nur bei BedarfUV-Lack vermeiden.
  7. Kurzlebige Produkte ohne Veredelung produzieren und langlebige Produkte gezielt schützen.
  8. Auf regionale Produktion und kurze Wege achten.
  9. Versandmaterial minimieren, kreislauffähige Lösungen bevorzugen.
  10. Nachweise und Compliance sichern (EUDR, Zertifikate, Due-Diligence-Dokumente).

Unser Fazit

100 % Nachhaltigkeit ist (noch) nicht erreicht – aber wir kommen immer näher! Denn: Dank hochwertiger Recyclingpapiere und engagierter Betriebe wächst das Angebot stetig.

Wenn Sie Unterstützung bei Strategie, Papier- und Druckberatung oder der Umsetzung Ihrer nachhaltigen Print- und Digitalprodukte wünschen, melden Sie sich gern bei uns.